Sonntag, 12. Februar 2012

Deep Patagonia


Unglaublich aber wahr: da haben uns unsere Besitzer doch tatsächlich in einem Schuppen deponiert, uns mit angeschnallten, vollgepackten Rucksäcken mitgeteilt, dass sie die nächsten drei Tage zu Fuss unterwegs sein werden und uns überdies beauftragt, den nächsten Eintrag für den Blog zu schreiben. Fernblau hat's erstaunlich gelassen genommen und ist sogleich eingedöst, also werde ich mal die Lenkerhörnli in die Tasten hauen.  

Die Zeit in Villa O Higgins hat uns gut gefallen, Fernblau und ich waren zwar gemeinsam draussen an einem Pfosten angekettet, aber wir hatten diverse Gspändli. Mit den einen konnten wir uns sogar auf Schweizerdeutsch unterhalten, mit ihren beiden Besitzerinnen hatten sie ähnliche Abenteuer wie wir erlebt (http://evaveloclaudia.tumblr.com/) zwei der Kollegen hatten wir in La Paz und dann auf der Carretera einige Male getroffen, es waren die französischsprechenden, die zwei Anhänger ziehen müssen. Ein anderer Kumpel sprach amerikanisch und war sehr seltsam gebaut: er hatte nur eine Hinterbremse, aber dafür im Rahmen ein mit Brettern und einer Blache gebasteltes Fach, in dem er das Essen und die Trinkblase seines Besitzers mittrug. Fernblau wurde mit der Zeit etwas ungeduldig (im Gegensatz zu  uns hatten Corsin und Daniela am Ruhetag Auslauf und erkundeten den Ort), er scharrte bereits mit den Pedalen als es dann frühmorgens endlich losging. 

Nach nur wenigen Kilometern war aber schon wieder Schluss mit Rollen, wir wurden auf dem Bug eines Schiffes festgezurrt. Zusammen mit den Kollegen aus Frankreich hatten wir damit die besten Plätze. Später stellten wir fest, dass wir von hier aus zwar die beste Sicht auf den See hatten, aber leider auch am meisten Wind und die heftigsten Wasserspritzer abbekamen. Da hatten es Corsin und Daniela doch besser, die auf dem Dach des Schiffes hinter der Reeling Schutz suchen konnten. 

Die Wasserduschen waren echt kalt und wir merkten auch wieso: schwammen doch diverse Eisberge im See rum. Wir genossen die Fahrt trotzdem in vollen Zügen und dank unseren tollen Plätzen waren wir die ersten, die das Ziel ins Blickfeld bekamen: den O Higgins Gletscher.






Reinhold Messmer muss sich warm anzuiehen in Sachen Frisur
Der Gletscher reicht in den See hinein und das Boot fuhr bis auf ungefähr hundert Meter daran heran. Rund eine Stunde verbrachten wir vor dem Gletscher und wir sahen Corsin's Kamera die ganze Zeit in Bereitschaft, da er auf keinen Fall den Abbruch eines Eisstückes verpassen wollte. Diese Abbrüche sollen immer wieder vorkommen, wovon auch die zahlreichen Eisberge und Eisstücke im See zeugen, nur war uns das Glück leider nicht hold und wir sahen lediglich einige Brösmeli in den See fallen.
 
Die menschlichen Passagiere auf dem Schiff bekamen ein Glas Whisky oder Saft offeriert, gekühlt mit Gletschereis, das die Besatzung neben uns aus dem See gefischt hatte. Schifffahren scheint müde zu machen, auf der Rückfahrt linsten wir durchs Fenster in die Kabine des Schiffes und sahen Corsin und Daniela selig schlafen.

 
In Candelario Mancilla wurden wir von Bord geschoben, hier soll das Abenteuer Grenzübergang nach Argentinien weitergehen. Von Villa O Higgins gibt es nämlich keine Strasse weiter, sondern lediglich die Möglichkeit mit dem Schiff den See zu überqueren und dann auf einer nur zu Fuss und halbwegs mit dem Rad zu bewältigenden Route nach El Chaltén in Argentinien zu gelangen. Der Karrweg war sogleich "steiler als anderswo" und auch mit grösseren Steinen bestückt. Nach einigen hundert Metern wurden Fernblau und ich aber bereits wieder entladen und mit wunderschöner Aussicht auf den See aneinandergekettet. Corsin und Daniela schlugen ihr Zelt an diesem hübschen Ort auf und schienen einen gemütlichen Abend zu verbringen.

Am chilenischen Zoll mussten wir erstaunlich kurz auf Daniela und Corsin warten, anscheinend haben sie die erforderlichen Stempel schnell bekommen. Die Strasse ging dann in ähnlichem Zustand weiter, Fernblau durfte alles fahren, musste aber ab und zu mächtig angetrieben werden. Ich wurde dagegen oft gestossen, manchmal musste sogar Corsin schieben helfen kommen. Das steile Stück war aber schnell vorbei und so rollte auch ich wieder in gemütlichem Tempo vorwärts bis mich erstauntes Ausrufen erschreckte. Der Fitz Roy zeigte sich in seiner ganzen Pracht! Corsin und Daniela waren entzückt. 

Etwas weniger entzückt waren Fernblau und ich dann, als wir an der argentinischen Grenze angelangt waren. Sofort endete nämlich der Karrweg und es schlängelte sich lediglich ein Pfad ins Gebüsch. Kollege Spark zu Hause hätte bestimmt seine helle Freude daran, aber dieser ist ja auch vollgefedert und nicht mit Saccochen behängt.



Aber es war tatsächlich Corsins und Danielas Ernst: wir mussten da durch. In der Folge ging es über Stock und Stein, durch Bäche, hinauf und hinab. Und alles auf einem Singletrail, der den Antennentrail vor Neid erblassen liesse. Auch Sparky hätte da wohl einige Male geschoben werden müssen. Alles in allem ging es aber erstaunlich gut, was wohl vor allem daran gelegen hatte, dass es so lange trocken war und der Weg daher staubig und nicht schlammig.

Ganz zum Schluss wurde es dann aber doch noch so richtig eng. Der Weg war tief ausgewaschen, ging steil hinunter und so sehr wir auch die Bäuche bzw. Saccochen einzogen, wir passten nicht durch. Die vorderen Saccochen mussten abgenommen werden und mit vereinten Kräften schafften wir auch diese Stelle.








 

Am Lago Desierto angekommen, mussten Daniela und Corsin den argentinischen Grenzposten passieren, was wiederum zackig erfolgte. Wir wurden auf eine grosse Wiese geschoben und konnten den weiteren Nachmittag das tolle Panorama geniessen. Daniela und Corsin schienen schon wieder müde zu sein, auf jeden Fall lagen sie den ganzen Nachmittag rum und liessen sich die Sonne auf den Pelz scheinen.

Auf der Schifffahrt über den Lago Desierto hatten wir wiederum die besten Plätze. Den Fitz Roy immer wieder in Sicht, aber auch die zahlreichen Wasserfälle, an die das Schiff immer wieder ranfuhr. Am andern Ufer schienen Corsin und Daniela wieder mal den Stalldrang zu spüren, in flotten Tempo - auch mit Hilfe von Rückenwind - wurden wir die 37km nach El Chalten gefahren. Anscheinend war es nicht so einfach einen Schlafplatz für uns vier zu finden, hielten wir doch bei einigen Hostals an. Schlussendlich wurden wir hinter der Jugendherberge, die sehr viel Jugend und dementsprechend Betrieb enthielt, an einen Karren angekettet. (Text: Black Pearl und Fernblau)

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