Freitag, 16. März 2012

Just another day in paradise!

Die Fahrt auf den schmalen, mit Schlaglöchern durchsetzten Strassen Costa Ricas geht „länger als anderswo“ (ihr erinnert euch ans „steiler als anderswo“ auf der Carretera Austral?!) und wir rattern mit unserem Jeep 6 Stunden zwischen Containerlastwagen und Bussen nach La Fortuna am Fusse des berühmten Vulkans Arenal. Dieser wird in den Reiseführern als aktivster Vulkan Costa Ricas beschrieben und es gebe an seinem Fusse geschätzte 50 schöne Hotels, alle mit Zimmern auf den glühende Lava spuckenden Berg. Auch wir haben in einem solchen Hotel unser Zimmer. Nur leider hüllt sich der Riese hartnäckig in Wolken und wir sehen nichts anderes als eine graue Wand.

Irgendwie haben wir schon etwas gehört von wegen dass der Arenal nicht mehr so aktiv sei – vor Ort erfahren wir dann, dass er im Sommer 2010 seine Aktivität ganz eingestellt habe und seither auch keine Lava mehr zu sehen gewesen sei. Gut, die Geologen meinen, dass er seine Aktivität schon relativ bald wieder aufnehmen werde – leider hat diese Gattung von Wissenschaftlern ein anderes Zeitverständnis als beispielsweise Relativitätstheoretiker, denn „relativ bald“ heisst für Geologen doch so um die 500 Jahre… Es ist anzunehmen, dass nicht alle der vielen Hotels, welche in den letzten 15 Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, über einen genügend langen Atem verfügen werden um den diese „Tourismuskrise“ durchzustehen, denn der spuckende Vulkan ist die einzige wirkliche Attraktion dieser Region. Als sich am zweiten Tag die Wolken für ein paar Stunden heben, erhalten wir eine Vorstellung davon, wie eindrücklich es gewesen sein musste, als der Vulkan noch gespuckt und gehustet hatte, denn unser Hotel steht wirklich direkt am Fuss des Berges.

Nun gut, wir sind es ja gewohnt manchmal zur falschen Zeit am richtigen Ort zu sein (erinnert ihr Euch an die Gletscherabbrüche?!) - Übrigens, genau in dem Moment als ich dies hier schreibe, ist auf www.20min.ch (ja, wir halten uns fast täglich über die renommiertesten neuen Medien aus der Schweiz auf dem Laufenden) ein Bericht über den Gletscher Perito Moreno aufgeschaltet, in dem berichtet wird, dass er momentan sehr aktiv am Abbrechen sei – und entscheiden uns, nicht zuzuwarten bis auf www.500jahre.ch über den Ausbruch des Arenal berichtet wird, sondern die Zeit mit dem Besuch des gleichnamigen Nationalparks zu überbrücken.

Vor dem Eingang werden wir von einem freundlichen Herrn darauf hingewiesen, dass es viele Giftschlangen auf den Wegen habe und schon ein berühmter Schauspieler gebissen worden sei und er sei Guide und würde uns sonst den Park zeigen (und uns vor den Schlangen schützen oder so). Da wir mit Guides immer viel mehr Tiere gesehen hatten als ohne und weil er wirklich zuvorkommend war, buchten wir ihn gleich für eine weitere Privatführung.

Wir klettern im teilweise strömenden Regen auf den alten Lavaströmen herum, und schleichen durch den Regenwald. Der Guide beschützt uns wirklich gut vor den Schlangen – es lässt sich lange Zeit keine blicken. Wir befürchten schon, wieder zur falschen Zeit am richtigen Ort zu sein bis der Guide den wirkungsvollen alten Guide-Trick mit dem klingenden Namen „Gehedahinwotouristengruppeninsgebüschzeigen“ anwendet und schon haben wir unsere Schlange…

Ah ja, und einen grossen Baum sehen wir auch noch – die Wuzeln allein sehen auf dem Bild nichts so spektakulär aus – zusammen mit einer kleinen Daniela auf dem Bild wirken sie aber schon etwas grösser (auch wenn man berücksichtigt, dass Daniela schon von Natur aus eher klein ist).

In Fortuna erleben wir dann gleich noch die Streetparade von Costa Rica: der ganze Ort ist auf den Beinen als Cowboys und –girls auf ihren Pferden in einer Parade durch die Strassen reitend, während die Pferde sich mit so komplizierten Schritten bewegen, dass wir fast befürchten, dass sie sich Knoten in die Beine machen. Dazwischen fahren grosse amerikanische Fahrzeuge mit grossen Boxentürmen und einem DJ auf der Motorhaube. Zurück im Hotel stellen wir fest, dass die ganze Sache live am TV übertragen wird.

Dank der Tatsachen, dass wir praktisch in der gleichen Zeitzone sind wie die USA und dass unser Hotelzimmer einen TV hat und dass Corsin, das erste Mal seit Wochen, diesen auch wieder mal anschaltet (wir merken fängs gar nicht einmal mehr, ob ein Hotelzimmer einen TV hat oder nicht, weil wir gar nie auf die Idee kommen, diesen einzuschalten – dafür geht es keine 30 Sekunden bis wir wissen ob das Wireless gerade funktioniert oder nicht) kommen wir in den Genuss, die Oscar-Verleihung in voller Länge – inklusive Aufbau-Show, Oscar Pre-Show mit Interviews vom roten Teppich und der eigentlichen Verleihung - live am TV zu verfolgen. Auch das inzwischen berühmte Bein der Angelina Jolie, welches tags drauf durch die Schweizer Medien ging, haben wir „live“ gesehen…

Spät abends geschah uns zum zweiten Mal das gleiche Missgeschick: Die Zimmertüren der Hotels in Costa Rica fallen automatisch ins Schloss und als Corsin Daniela beim Essen fragt, ob sie den Zimmerschlüssel habe, meint sie „natürlich“ und schwenkt den Schlüssel – den Autoschlüssel. Der Rezeptionist meint, er schicke jemanden vorbei. Nachdem wir 5 Minuten im strömenden Regen gewartet hatten (und der Druck auf die Blase langsam unerträglich wurde) hat Corsin schon keine Geduld mehr und klettert über den Balkon ins Zimmer im ersten Stock. Etwas komplizierter war es dann, dem gerufenen Hoteljungen auf Spanisch zu erklären, warum Corsin nun aus dem Zimmer rauskommt…

Auf der Weiterfahrt nach Monteverde gab’s eine Situation, in der uns einmal mehr bewusst wurde, dass wir vielleicht schon etwas viel auf dem Velo unterwegs gewesen waren: wir fahren mit unserem „Eisberg“ auf einer 40 Kilometer langen Schotterstrasse mit im wahrsten Sinne des Wortes teilweise badewannengrossen (nicht ganz so tief aber doch so gross im Ausmass) Schlaglöchern und werden mächtig durchgeschüttelt (ich glaube nicht, dass wir jemals schon eine so schlechte Strasse in ein Camp des R’ADYS Mountain Marathons hatten, ausser vielleicht damals im Schweizertor – also definitiv keine Route für einen BMW – wie unsere Väter ihn zu fahren pflegen…). Als wir dann mal auf einer kurzen Strecke so richtig beschleunigen können (also auf fast 35kmh) macht Corsin plötzlich eine ganz kuriose Bewegung am Steuer und lacht gleich darauf laut heraus. Daniela daneben hat auch gleich erraten was das Ganze war: wenn auf dem Bike plötzlich ein Schlagloch kommt, ziehen wir jeweils am Lenker, um das Vorderrad leicht anzuheben und zu entlasten um einem Durchschlag vorzubeugen – dieser Reflex ist nach rund 2500km Kiesstrassen auf dem Velo so tief drin, dass er auch beim Jeepfahren automatisch kommt, nur mit dem Unterschied, dass das energische Ziehen am Lenkrad dann doch kein Anheben des Vorderrads zur Folge hat…

In Monteverde sind wir im Hotel „Miramontes“ (http://www.swisshotelmiramontes.com) von Walter Faisthuber untergebracht – er ein Österreicher, seine Frau eine Schweizerin. Walter ist ein sehr engagierter Gastgeber und gibt uns einen Überblick über das unübersichtliche Angebot von Canopy- und Tierbeobachtungstouren und Naturparks. Wir besuchen den Nebelwald von Santa Elena und machen – natürlich – die beiden längsten Spazierrunden. Die Strasse dort hoch ist noch viel abenteuerlicher weil steil und richtig holprig und den 4x4 ist hier kein Luxus – fast schon wünschen wir uns eine Seilwinde… Die Öffnungszeiten waren nirgends bekannt gemacht und als wir den Park verlassen wollen, ist er bereits geschlossen und die Türen des Souvenirshops durch die man ein- und austritt bereits geschlossen – tja, dann klettern wir halt über die die Baustelle daneben um raus zu kommen…

Walking Stick
Diese Tage würde man kaum meinen, wir seien hier in Costa Rica um uns zu erholen, denn nach der Rückkehr zum Hotel haben wir genau 15 Minuten Zeit uns aufs Bett zu legen, bevor‘s gleich auf die gebuchte Nacht-Tour geht. Wir sind nicht die einzigen: gleich mehrere Gruppen von verschiedenen Anbietern sind in dem kleinen „Stadturwald“ am Rand des Siedlungsgebiets unterwegs. Die Guides unseres Touranbieters sind via Funk miteinander verbunden und die Standorte der Tiere werden den anderen Guides durchgegeben – „Schlange beim kleinen Bänklein, habe eine Markierung hinterlassen“, „das Faultier bei Baum 5 bewegt sich – es lohnt sich nochmals zurück zu kommen“, „wir sind gerade beim Walking Stick (Insekt, das aussieht wie ein Ast), danach Gruppe 2, ihr seid Nummer 3“, knattert es unablässig aus den Funkgeräten. Und überall sieht man Lichtkegel durch den Wald streifen – es geht zu wie bei einer Nacht-OL-Meisterschaft.

Die Kommunikation unter den eigenen Guides funktioniert einwandfrei, aber der Guide der Konkurrenz wird kaum gegrüsst, geschweige denn Infos ausgetauscht. Gewisse Tiere sind nur in der Nacht aktiv und auch nur dann zu sehen – so auch die riesige Spinne, die in ihrem Erdloch wohnt und jeden Abend pünktlich am Eingang erscheint und wenn nicht, durch „aufdieerdepochen“ aus dem Haus gelockt wird. Beim Anblick der Spinne sind wir froh, unser Zelt zusammen mit den Velos eingestellt zu haben.


Am zweiten Abend verputzen wir unsere zweite Rösti „Faisthuber-Spezial“, welche mit Maniok statt mit Kartoffeln hergestellt und von Walter frisch zubereitet wird – ein weiterer Schritt Richtung Heimat. Dazu zeigt er uns seinen selber geschnittenen Film in HD-Qualität mit eindrücklichen Bildern der Tier- und Pflanzenwelt von Monteverde.

Wer Costa Rica besucht, darf eines nicht auslassen: Canopy oder auf Deutsch aneinemstahlseilüberdenurwaldgleiten. Wir besuchen einen der zwei grossen Naturparks www.selvatura.com und buchen das Kombiticket Canopy-Hängebrücken und Kolibrigarten zu 75 Dollar pro Person. Bei wieder einmal strömendem Regen (leider heisst auch dieser REGEN- oder NEBELwald nicht von ungefähr so) starten wir mit dem Spaziergang über die 8 bis zu 175m langen Hängebrücken. Dies ermöglicht uns, das Blätterdach des Nebelwaldes für einmal von oben zu betrachten und praktisch durch den Dachstock des Regenwaldes zu laufen.

Auf der höchsten Brücke hören wir plötzlich ein leises Surren und hoch über uns flitzt ein Mensch an einem 600m langen Stahlseil über die Baumwipfel. „Was? So hoch und so weit sind diese Seile?“ meint Daniela überrascht und beschliesst, dass die leicht rostigen und schwankenden Hängebrücken doch genug Abenteuer für eine Erholungsreise sind. Zurück bei der Park-Lodge fragen wir scheu an, ob es vielleicht möglich wäre, Danielas Canopy-Ticket gegen etwas anderes einzutauschen. „Klar, Schmetterlingshalle, Reptilienhaus, Insektensammlung…“, „gerne die Schmetterlingshalle“, „neinein, nicht eines, sie können gleich alle drei besuchen“. Aha, wir sind also nicht die ersten mit diesem Wunsch…

Seit rund 110 Tagen oder umgerechnet rund 2640 Stunden, in denen wir praktisch nie mehr als 10 Meter voneinander entfernt waren, haben wir zum ersten Mal wieder einmal getrenntes Programm – und können danach endlich dem anderen mal wieder berichten was wir erlebt haben! Während Daniela – mal wieder mit Privat-Guide – die drei Gebäude besucht und einiges über Giftschlangen, Wirkung des Gifts, Gegengift, Unterschied und über Schmetterlinge und anderes Getier erfährt, wird Corsin vollständig ausgerüstet: Klettergstältli, Karabiner, Rollenvorrichtung und Lederhandschuhe als Bremse. Die Canopy-Tour besteht aus 13 Seilen ab 80m Länge, an denen man  hoch über den Wipfeln durch den Nebel gleitet. Inzwischen kennen wir ja schon den „kalten Regenwald“ vom Velofahren her, den „tropischen Regenwald“ von der Bootstour in Tortuguero und jetzt lernen wir eben auch noch den „Nebelwald“ kennen, wobei er sich so total durchnässt eher nach „kaltem Nebelwald“ anfühlt. Weiter geht’s mit dem „Tarzan-Swing“, bei dem man sich an einem langen Seil von einer Plattform stürzt und sich schwingen lässt (genau, wie James Bond) und zum Schluss über das mit 1000m (=1 Kilometer) längste Canopy-Seil von Costa Rica, welches den gesamten Park überspannt, mit Highspeed zurück zur Lodge. Dieses letzte Seil wird in Zweiergruppen absolviert und als ich den Guide nach dem Grund frage meint er: „wegen dem Wind“ und auf die Frage was denn sei, wenn es keinen Wind hätte: „dann haben wir eine andere Antwort bereit“ – aha.

Wir verbringen noch 4 Tage zur Entspannung in einem kleinen, von Franzosen geführten Hotel in Samara an der Pazifikküste http://www.samara-pacific-lodge.com. Und jetzt wird es langsam schwierig mit dem Sprachdurcheinander: am Strand sprachen alle um uns herum italienisch, mit den Hotelleuten versuche ich es auf Französisch (was Daniela schön sein lässt), was aber immer mit Spanischen Wortfetzen durchzogen ist, da mir diese Worte zuvorderst auf der Zunge liegen und mit Daniela versuche ich mich weiterhin in Deutsch und fasse ab und zu einen bösen Blick, wenn ich wieder zu viele „coole“ (die Anführungszeichen hat Daniela eingefügt, darüber lässt sich nämlich streiten) englische Slang-Wörter einflowen lasse. Nachdem wir beim Wandern und auf dem Velo immer wieder viel jünger eingeschätzt wurden („Was? Wir hätten euch auf 25 geschätzt“) und uns natürlich geschmeichelt fühlten, werden wir hier am ersten Abend gefragt, ob wir im Honeymoon seien…

Es ist immer wieder spannend, Hintergrundinformationen von den Auswanderern, die hier ein Hotel führen zu erfahren. Wir staunen nicht schlecht, dass in Costa Rica 6 Tage die Woche und 8 Stunden pro Tag gearbeitet wird – da haben wir es in der Schweiz mit 40 bis 42 Stunden noch ziemlich gemütlich.  Zudem haben sie hier nur 2 Wochen Ferien pro Jahr und diese dann eben vor allem in der Regenzeit, wo es hier wirklich ungemütlich feucht ist.

Als wir am Mittag zum Lunchen in unser Zimmer zurückkehren, finden wir den Lunchsack mit dem Essen nicht mehr – wir fragen bei der Rezeption nach und es stellt sich heraus, dass dieser vom Zimmermädchen entsorgt wurde. Sie finden diesen dann nach heftiger Intervention durch uns nach längerem Suchen wieder im Container am Strassenrand. Der Grund, warum wir den unbedingt wieder zurückhaben wollten, war, dass unsere Luxuscampinglöffel aus Titanium in dem Sack waren. Diese hatten wir letzten Herbst bei unserer ersten Shoppingtour im Transa für CHF 35.- pro Stück! gekauft („chum die sind cool, das leischtemer üs“) -  wenn wir damals gewusst hätten, wie viel Material wir noch ersetzen und neu kaufen müssen, hätten wir wohl die aus Plastik gekauft…

Aus zwei Gründen stehen wir hier täglich zwischen 06:15 und 06:45 Uhr auf: Erstens ist es danach schon zu warm für unser Jogging und zweitens muss, wer lange faulenzen will auch früh damit beginnen. Den Hotelpool verlassen wir ab dem zweiten Tag nur zweimal: zum Jogging am Morgen und als Jäger und Sammler am Mittag, wenn wir Lunch im nahen Minimarket einkaufen. Den Rest des Tages – bis zu zehn Stunden am Stück – verbringen wir am Pool auf unseren Liegestühlen mit süssem Nichtstun (= 20min online lesen, bloggen, 20min online lesen (Corsin, Daniela ist dann auf Tagi online umgestiegen), mailen, Hörbücher hören (Corsin) und iBooks lesen (Daniela)) und natürlich mit den mentalen Vorbereitungen auf unsere Rückkehr.

Insbesondere Corsin hat seine Vorbereitungen intensiviert, geht er doch Ende März noch 4 Tage mit Patrick De Gottardi und Adi Ehrbar in die Dolomiten zum alljährlichen Intensiv-Skifahren. Und da geht ohne Vorbereitung nun wirklich gar nichts. Wer da nicht mit gestärkter Rückenmuskulatur antritt, fährt ab dem zweiten Tag nur noch mit Schmerzmittel. Und wer seine Hockeposition nicht tief genug hinkriegt oder diese beim Sprung nicht halten kann, wird schnell abgehängt und isst sein Mittagessen alleine (wobei, Zeit fürs Mittagessen bleibt eh nicht, da wird auf dem Sessellift ein Sandwich reingedrückt)…




Eine Ausnahme machen wir aber: wir gehen in den Ausgang. Das heisst für uns: auf eine Schildkrötenbeobachtungstour in der Nacht. Im November/Dezember kommen hier jeweils bis zu 1000 Schildkröten pro Nacht ans Ufer, um ihre Eier zu legen. Momentan sind es nur 3-5 pro Nacht. Schon bald entdecken wir die Pistenfahrzeugspur, die vom Meer in den Sand hoch führt und sehen die Schildkröte, wie sie ihr Loch gräbt, rund 100 Eier ablegt und das Loch wieder zuschaufelt. Diese Prozedur dauert rund 50 Minuten. Anschliessend watschelt sie zurück zum Wasser und verschwindet im Meer. Dies war ein eindrückliches und irgendwie berührendes Erlebnis. Einige Leute haben uns schon erzählt, dass Männer vor Rührung weinen würden wenn sie den hunderten von neu geschlüpften Schildkrötchen zuschauen würden, wie sie über den Strand huschen und im Wasser verschwinden. Wir können dies nun einigermassen nachvollziehen. Aus Rücksicht auf die Schildkröte haben wir keine Fotos gemacht, dafür posten wir an dieser Stelle eines von Hansi Hinterseer an der Hotelbar.

Da wir unser Auto bereits am zweitletzten Tag unserer Reise abgeben müssen (ja, wenn man in der Hochsaison erst vor Ort bucht, muss man in Costa Rica manchmal Kompromisse eingehen) haben wir für den letzten Tag noch eine letzte Tour gebucht: Die Kaffeetante unserer Reisetruppe ist vor allem von der Weite des Wegs vom Kaffeestrauch bis zu Starbucks beeindruckt (und freut sich auch über die aktuelle Nachricht auf 20min, dass genau diese Kette plant, in zwei Jahren in allen SBB-Zügen präsent zu sein). Den regelmässigen Kunden des Familienrestaurants mit dem grossen M lässt dies kalt – er horcht erst auf, als er erfährt, dass die Bohnen ungeröstet nach Deutschland geschifft werden und einem Teil von ihnen dort das Koffein entzogen wird, bevor diese als koffeinfreien Kaffee für den Costa Ricaner Markt wieder zurück geschifft wird und dass dieses Koffein dann den Getränken mit weisser Schrift auf rotem Grund und denen mit dem Bullen drauf beigefügt wird. 


Das Highlight der Tour wäre der ebenfalls – oder eben wirklich - aktive Vulkan Poas, würde er nicht auch in der Klimazone „Nebelwald“ liegen und Ambitionen auf das Prädikat „kalter Regenwald“ haben. Kurz: es regnete nur einmal, dafür richtig und kalt. Sicht: Null. Und der Tipp vom Guide: lauft doch noch zum Nebenkrater mit dem See und kommt wieder zurück, vielleicht reissen bis dann die Wolken auf. Vergiss es.

Völlig durchnässt geht’s mit dem Bus weiter zum La Paz Wasserfallgarden http://www.waterfallgardens.com/, einer Freizeitanlage ganz im amerikanischen Stil: sehr schön gemachter Park – vieles davon künstlich: das Holzgeländer der Spazierwege ist nicht aus Holz sondern aus modelliertem künstlichem Material und die Bodenplanken der Stege sind – aus rezykliertem Plastik.



Die Steine sind auch selten echt, und meist modelliert und sogar die umgefallenen Bäume sind teilweise künstlich: in diesen modellierten Stämmen verlaufen die Wasserleitungen. Auf die Frage, ob der seitliche kleine Wasserfall denn echt sei, weil er so frisch aus dem Dickicht geschlagen aussieht, meint unser Guide, der sei wirklich echt, aber hier sei vor 10 Tagen ein riesiger Baum ins Tal gedonnert und hätte die Wege zerstört – es ist aber schon alles wieder hergerichtet und man sieht nichts mehr.

Der Guide hält uns an eine Minute lang in den grössten Wasserfall, den „Magia Blanca“, was glaubs so viel wie „brauner Wasserfall“ heissen muss, hineinzustarren… Nach diesen 50 Sekunden (genau, Ungeduld...) scheint sich das Gelände neben dem Wasserfall nach oben zu bewegen. Gut, ich glaube das Phänomen würde auch bei einem anderen Wasserfall auftreten, hier ist es aber schon noch eindrücklich. 

Ah, fast hätte ich es vergessen: nicht alles ist künstlich: die Pflanzen und Tiere sind alle echt und sehr zahlreich. Der Garten ist noch nicht sehr alt, aber das gesamte Gelände ist nahtlos überdeckt mit einheimischen Pflanzen und fast alle grösseren Tiere die in Costa Rica leben, von den Raubkatzen über die Affen, die Schlangen, Frösche, Vögel bis zu den Schmetterlinge sind hier in naturnahen Gehegen und Volieren zu bewundern. Unser Highlight war die begehbare Voliere der Tucans – diese Vögel, die wir bisher immer nur aus grosser Entfernung zuoberst auf den Bäumen ausmachen konnten, waren hier ganz nah. Und es gab gleich noch ein Highlight: das riesige Mittagsbuffet, welches im Eintrittspreis in begriffen war…

Nachdem es den ganzen Tag durchgeregnet hatte, befürchteten wir, dass es im 30km entfernten Alejuela wo unsere Bikekartons stehen, doch nicht bis Ostern gehen würde, bis dort Regen fällt sondern dass der Osterhase schon heute gekommen ist. Doch als wir dort ankommen, scheint wie immer die Sonne und man sieht die Wolken oben am Vulkan kleben. Georges meinte so ganz nebenbei „gestern hat es mal ein wenig geregnet“ was Corsin sogleich erbleichen lässt. Die Inspektion unserer Bikekartons hinter dem Haus zeigt, dass diese durch aufspritzendes Wasser verschmutzt wurden, dass sich schon einige Maden am Karton gütlich getan haben und vor allem, dass die Kante welche auf dem Boden steht vollständig durchweicht ist. Mit einigen Schichten Klebeband bringen wir das aber wieder einigermassen hin…

Den letzten Abend verbringen wir mit einer deutschen Reisenden, die heute ihren 10-monatigen Trip begonnen hat und können ihr einige Tipps, ein paar Unterlagen und weitere Dinge mit auf den Weg geben. Es ist noch speziell, am Ende der Reise mit jemandem zusammenzutreffen der die Reise erst beginnt und wir fühlen uns irgendwie wie alte Hasen und gleichzeitig zurück versetzt an den Tag der Ankunft in Cusco vor gut 4 Monaten als wir noch völlig grün hinter den Ohren in unser Abenteuer stürzten. Der Kreis schliesst sich…

Dienstag, 6. März 2012

Pura vida!


C: Die nächsten drei Tage geht’s mit einer organisierten Tour in den Regenwald nach Tortuguero an der Karibikküste. Irgendwie haben wir uns Hochsaison anders vorgestellt als nur wir zwei mit der Familie Gerber aus Basel in einem zu einem Drittel gefüllten Minibus. Schon die Anreise ist eine Safari durch die exotische Tier- und Pflanzenwelt. Im Schmetterlingshaus machen wir mit der Linse Jagd auf die flinken Tierchen – tja, hier ist noch etwas Fotografiepraxis nötig, bis wir diese Tierchen in Kasten kriegen und wenn das geschafft ist, dann kann man sich dahinter machen, dies auch noch scharf hinzukriegen…

Wir sind ja aufgeklärte Leute und uns war immer schon klar, dass die Ananas nicht aus der Migros kommt –  und wir haben immer schon gewusst, dass diese aus einem fernen Land kommt. Aber dass diese nicht auf Bäumen, sondern am Boden in grossblättrigen Büschen wächst haben war neu und auch, dass „Del Monte“ und „Chiquita“ nicht nur Bananen „herstellt“, sondern auch ganze viele riesige Schiffscontainer, die nahe des Hafens an der Karibikküste einfach im Wald aufeinandergestapelt werden. Chiquita ist ein gutes Stichwort: wir besuchten auf der Fahrt auch eine Bananenplantage und staunten nicht schlecht, wie diese transportiert werden: Quer durch die Felder führen kleine Seilbahnen, an denen die Bananenbünde transportiert werden, angetrieben von einem Arbeiter, der diesen Zug zieht und bei leichtem Gefälle mit dem vordersten Bund mitfährt. Wir staunen auch, wie unser Reiseführer die Faultiere aus dem fahrenden Auto heraus erspäht. Merken dann aber, dass dies keine Kunst ist, denn in dem Tempo, in dem sich diese Viecher bewegen, brauchen sie geschätzte zwei Wochen bis sie auf einen anderen Baum geklettert sind und tatsächlich erfahren wir, dass sie bis zu 4 Monate auf dem gleichen Baum bleiben – mindestens bei diesen Tieren haben die Guides einen leichten Job….

Wir wechseln mit allem Gepäck auf ein kleines Motorboot, mit dem wir die letzten 2 Stunden Reise auf einem schmalen Fluss mitten durch den Urwald absolvieren. Der Driver gibt mal Vollgas und kurvt elegant durch den schmalen Kanal (ihr erinnert Euch – James Bond…), bremst aber an untiefen Stellen fast auf Null ab und schon bald geht’s nur noch im Schritttempo weiter, weil der Bach so seicht ist. Und schon nach wenigen hundert Meter kommt das Highlight: ein riesiges Krokodil liegt am Ufer, nur wenige Meter von unserem Boot entfernt. Von dem Momentan an sind die Kids der Gerbers eher zurückhaltend mit Hände ins Wasser halten.

Unsere Lodge liegt am grossen breiten Hauptkanal mitten im Urwald, ist nur auf dem Wasserweg erreichbar und besitzt einen wunderschönen exotischen Garten mit gedeckten Hängematten (genau, zum lesen und schlafen) von denen aus man all die Powerboats beobachten kann, die Touristen in den Nationalpark fahren…

Uns kommen die Schlieremer Chind in den Sinn mit der Kassette „Mier gönd in Zoo“, denn die Hauptaktivitäten sind die Bootstouren zur Tierbeobachtung, von denen jeweils eine morgens um 06:00 Uhr, eine Vor- und eine Nachmittags stattfindet. Die normale Aufenthaltsdauer in der Lodge beträgt 2 Nächte und weil die grosse Gruppe Franzosen an diesem Tag abreist, haben wir Zwei mal wieder eine Privatführung mit dem Guide und das mitten in der Hochsaison. 

Wir staunen immer wieder, wie unser Guide aus dem fahrenden Boot die Vögel auf den 40m hohen Bäumen sieht und bestimmen kann und wie er irgendwo im Unterlaub die zwei Augen eines Kaimans entdeckt. Wir fotografieren diesen beim Näherkommen und als wir 20cm davor sind merken wir, dass es sich bei unserem Fotosujet um einen grossen Ast handelt. Gerade als wir etwas sagen wollten, sehen wir die Augen 20cm weiter…

Einen Trick der Guides haben wir bald durchschaut: wenn irgendwo ein Touristenboot steht und alle in eine Richtung zeigen, dann lohnt es sich dorthin zu fahren, denn dort gibt es sicher was zu sehen. Auf diese Weise kamen wir auch in den Genuss, einem Fischotter aus zwei Meter Entfernung beim Verspeisen seines Frühstücks in Form einer Krabbe zuzuschauen – ja, ohne Gitter dazwischen, einfach so in der wilden Natur. Gut, zuerst wurde er durch unseren Motorenlärm fast verscheucht, was uns eine Salve böser Blicke von den Touristen auf dem anderen (Ruder-) Boot einbrachte, dann tuschierte unser Guide das andere Boot beim manövrieren, zweite Salve, doch am Schluss hatten alle freie Blicke an den Hinterköpfen der anderen vorbei. 

Als zum wiederholten Male ein kurzer aber heftiger Regenschauer über uns hinwegzieht, blinzeln wir nach oben und fragen uns, ob es wohl in Alejuela, wo unsere Velokartons ungeschützt im Garten stehen wirklich erst an Ostern wieder regnet, aber offensichtlich ist es in Costa Rica wirklich so, dass die einzelnen Landteile vollständig unterschiedliche Klima- und Wetterzonen aufweisen: es gibt Orte, wo es täglich regnet und Orte, wo es erst in mehreren Monaten wieder regnen wird.

Am dritten Tag geht es wieder mit dem Boot zurück, erneut vorbei am Krokodil und das Mietauto – ein weisser kleiner 4x4-Jeep, von uns „Eisberg“ getauft – wird uns zum Mittags-Restaurant gebracht, so dass wir direkt von dort an die Karibikküste fahren können. 



Die Distanzen in Costa Rica sind doch nicht so kurz, wie wir es uns vorgestellt haben und so fahren wir ein paar Stunden hörbuchlesend zwischen den Chiquita-Lastwagen nach Cahuita in die Suizo Loco Lodge, http://www.suizolocolodge.com (ein Geheimtipp! – man gönnt sich ja sonst nichts) zu Bernadette, einer ausgewanderten Schweizerin aus dem Jura (die aber lange in Schöftland gelebt hat, was bei Daniela natürlich heimatliche Gefühle auslöst). Beim Einchecken meint sie aber, sie hätte kein Zimmer auf unsere Namen reserviert – irgendwie ist unsere Bestätigung nicht bei ihr angekommen – es sei aber kein Problem, dann gäbe sie uns halt die Suite. Sie erwähnt auch, dass ihr Faxgerät irgendwie keine Faxe mehr empfange, was ich als studierter Ingenieur (ja irgendwo steckt das schon noch tief drin…) natürlich gleich als Herausforderung sehe und so kommt es, ich UND Daniela gleich zwei Stunden dran sind, bis wir einen störrischen Fax mit französicher Menueführung und einer englischen Bedienungsanleitung dazu gebracht hatten, die Faxe wieder auszuspuken.

Das eindrücklichste an Costa Rica ist für uns die riesige Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt und die Tatsache, dass man diese vom Liegestuhl am Hotelpool aus beobachten kann. Gut, wir haben hier wirklich viele Stunden am Pool verbracht, aber auch viele Tiere gesehen und beobachten können, hier mal eine Auswahl: Faultiere, Tucane, grüne Papageien, Brüllaffen, andere Affen, Leguane (einer davon ist Stammkunde und sonnt sich immer stundenlang neben unserem Liegestuhl – er ist auch in dem Moment gerade einen Meter neben meinem Liegestuhl), Hunde, Katzen, adlergrosse Vögel, die über uns kreisen, Kolibris, die auch mal ein Bad im Pool nehmen, Ameisen in denen sich Daniela bei den Kraftübungen auch einmal drin wälzt, jede Menge weitere Vögel, Kühe, Pferde, einen Waschbären. 

Einmal, als wir gemütlich am Pool sitzen, hören wir einen Hund bellen und irgendetwas vor uns durchhuschen und im Pool verschwinden. Zuerst denken wir, es sei irgendein Ast gewesen, und als das Ding nicht mehr auftaucht, denken wir, wir hätten uns vielleicht getäuscht. Bis dann der Gärtner auftaucht und den 1m-Leguan auf dem Poolgrund entdeckt und ihn mit dem Netz rauszieht.

Die Tiere sind vor allem am Morgen früh aktiv und so ist es in Costa Rica normal, dass man nicht vom Krähen eines Hahns sondern vom Brüllen von Brüllaffen geweckt wird. Auf unseren Joggingtouren ist der Strand vor uns jeweils in voller Bewegung: hunderte von Krebsen stürmen, wenn sie unsere Schritte spüren, über den Strand, verweilen vor ihrem gegrabenen Loch und verschwinden kurz bevor wir bei Ihnen sind. Einmal entdeckten wir zwei rund 2 Meter breite Pistenfahrzeugspuren, die sich vom Meer bis an den oberen Teil des Strandes zogen. Bei näherem Betrachten stellte sich diese als Spur einer Lederschildkröte heraus, welche bis 2 Meter lang und 700kg schwer werden kann und die wenige Stunden zuvor ihre Eier am Strand abgelegt hatte und wieder im Meer verschwunden war.

Und auch die Pflanzenwelt und was gewisse Hotels daraus machen: Neben dem Pool wachsen kleine Miniatur-Ananas und als beim Abendessen neben unserem Tisch eine pflaumengrosse Frucht auf den Boden fällt und ich die aufhebe und öffne, stelle ich fest, dass wir genau diese Frucht beim Frühstück auf dem Früchteteller hatten. Bernadette erklärt uns, dass sie vieles hier selber mache – auch den Räucherschinken räuchere sie selber.

Wir machen eine Wanderung durch den Cahuita Nationalpark – einem Mangrovenwald direkt an der Karibik-Küste. Schon nach wenigen hundert Metern hören wir die ersten Affen über uns rumklettern und entdecken in der Folge rund 20 Affen, die sich nur wenige Meter über unseren Köpfen durchs Blätterwerk hangeln. Man kann sich hier am Strand in den Sand legen und stundenlang den Affen zuschauen. 

Zudem wandern auch einige Waschbären am Strand entlang und scheinen keinen Respekt vor Touristen zu haben – im Gegenteil: ein französisches Paar verteidigt sein kleines Kinderzelt, in dem ihr Kleinkind spielt und auch gemütlich daliegende Touristen werden von den Tieren fast schon angegriffen – dies ist wohl die Folge davon, dass sie immer wieder gefüttert werden.

Eigentlich hätten wir noch eine Schnorcheltour machen wollen – auf Spanisch heisst das „hacer esnorcel“ – aber da das Meer in diesen Tagen zu aufgewühlt war, wurde uns davon abgeraten. Als Alternativprogramm besuchten wir eine Cacaoplantage, wo uns – wieder in einer Privatführung – gezeigt wurde wie Schokolade gemacht wird – ja wirklich, auch die kommt nicht nur aus der Migros. 

Wir machen einen Abstecher nach Puerto Viejo, einem typisch karibischen Hippie-Badeort wie er im Buch steht. Ohne Rastas fallen wir hier schon fast ein wenig ab, da helfen auch Corsin’s inzwischen schon fast wallende Haare nicht viel – schon gar nicht, wenn er in Betracht zieht, nach der Rückkehr die Spitzen schneiden zu lassen. Am Strand kann man im Surfcamp für 8 Dollar in der Hängematte direkt am Meer übernachten. Wir schauen uns an und sind uns einig: dazu wären wir zu alt, zu wenig „hippieg“ und wohl auch zu wenig bekifft. Aber genau solche Angebote zeigen, wie das Leben und auch der Tourismus hier ist: einfach, idyllisch und auf seine Art gemütlich und hier spürt man das, was mit dem liebsten geflügelten Wort der Ticos eigentlich gemeint ist: Pura vida!