Samstag, 3. März 2012

Reisen statt Ferien


Management-Summary: Ganz nach dem Slogan unseres Reisebüros und natürlich auch ganz nach seinem Gusto da von unterwegs dazugebucht, reisen wir zu viert von ganz unten in Südamerika hoch nach Costa Rica um uns die letzten drei Wochen noch etwas zu entspannen und aufzuwärmen. Und dafür, dass wir auch etwas zum Entspannen haben, sorgt die immer wieder spannungsgeladene Flugreise mit unseren Velos. Die Fotoapparate waren im Reisegepäck, darum gibt’s hier für einmal weniger Fotos.  


Wir starten schon mal gut – das Personal, welches im Hostal das Frühstück bereitstellen sollte, taucht nicht auf – kennen wir ja schon von irgendwo her?! – und wir improvisieren mit unseren eisernen Food-Reserven, die wir immer mit uns rumtragen. Die Fahrt zum Flughafen mit dem Taxi klappt diesmal einwandfrei – wir kennen ja schliesslich den Ivo und der hat einen grossen Dachträger. Am Flughafen wickeln wir noch die letzte Klebebandrolle um unsere Bikekartons – wir haben nun total rund 300m durchsichtiges Klebeband in unseren Bikekartons verbaut – das sollte vorerst mal reichen. Wir staunen nicht schlecht, dass wir unsere zwei Kartons mit je über 25 kg so einfach und kostenlos durchs Check-In bringen – LAN for president.
Corsin hat bei seinem Vater (der Flugverkehrsleiter ist) nachgefragt, auf welcher Seite der Anden die Luftstrassen nach Lima durchführen, damit wir via Online-Check-In einen Fensterplatz auf der rechten (also auf der rechten) Seite buchen können – und es ging auf! Wir hatten einen genialen Alpen – oder eben Andenflug – gut, oke, nur ein Teil unserer Reisegruppe war dermassen aus dem Häuschen, denn der andere findet Fliegen ja nicht so spassig und dabei Rausgucken noch weniger, da man dabei ständig an die Tatsache, dass Fliegen kilometerweit von festem Boden entfernt stattfindet, erinnert wird. Der Pilot muss ein alter Touristiker sein, denn als er nach dem Start etwas gar steil Richtung Norden zog, korrigierte er dann gerade so, dass er rechtzeitig ankündigen konnte „on the right side you can see now Torres del Paine National Park“ – Danke. Es folgt Perito Moreno von oben und just als der Fitz Roy aus dem Blickfeld zu entgleiten scheint, dreht der Pilot ab, um auch den schön ankündigen zu können. Wir fliegen die ganze Carretera Austral nochmals ab und können die Reiseroute der letzten sieben Wochen aus der Luft nochmals Revue passieren lassen – Hammer!

In Santiago haben wir eine Nacht Aufenthalt – Corsin meinte beim Vorausbuchen, wir müssen ja nicht das teurere Holiday Inn, sondern können auch ein billigeres Hotel nehmen. Wir stellen unsere Rucksäcke und unsere Velos für 10 Stunden in der Gepäckaufbewahrung des Flughafens ein, wofür wir 50 Dollar hinblättern und als wir das Flughafengebäude verlassen, stehen wir gleich vor dem Haupteingang des Holiday Inn – dieses hat den Namen Flughafenhotel wirklich verdient, tja, da wäre diese Variante schlussendlich doch günstiger und vor allem bequemer gewesen…

Unser Hotel 100 Meter vom Pistenkopf entfernt im Industriequartier ist aber auch oke. Zum Thema Abendessen zitiere ich aus dem Buch, in dem Daniela gerade am Lesen ist: „Die Kellner sind hier wie der Planet Pluto (…), kreisen an der Peripherie herum und tauchen nur jedes zwanzigste Jahr im Zentrum auf, und selbst dann sind sie mit blossem Auge nicht zu erkennen“ (Zitat aus Jo Nesbo, der Fledermausmann). Mehr zu dem Thema später (D: also zu Kellnern und Restaurants, nicht zu Jo Nesbo, obwohl es da auch einiges zu berichten gäbe, bin nämlich ziemlich angefixt und habe soeben das dritte Buch von ihm heruntergeladen (neben den Hörbüchern haben wir nämlich auch die ebooks entdeckt, ebenfalls eine tolle Sache)).

Nach der Landung in Lima am nächsten Tag applaudieren die Passagiere mal wieder, worauf Corsin Daniela seinen Standardwitz für diese Situation ins Ohr flüstert: „Hei Leute, DAS IST SEIN JOB, bei mir im Büro applaudiert auch keiner wenn ich es schaffe, meinen Computer einwandfrei runterzufahren“ (was aber weit weniger selbstverständlich ist – aber das ist ein anderes Thema). Und gleich hinterher: „das ist wie mit dem Trinkgeld – habe ich im Büro schon mal Trinkgeld erhalten?!“ Daniela zieht nur ihre rechte Augenbraue hoch – ach, wie schön ist es doch fast 17 Jahre zusammen zu sein und alle Witze schon dementsprechend oft gehört zu haben…

Den „kleinen“ Umweg über Costa Rica auf der Heimreise haben wir doch etwas unterschätzt – das sind über 12h Flugzeit – so auf dem Heimweg liegt es dann auch wieder nicht, aber schön warm ist es. Schön warm ist gut gesagt – die Hitze haut uns fast um und der Lärm und die viele Leute, die herumwieseln, tut sein weiteres für die friedliche Ankunftsstimmung die zwischen uns knistert. Abgeholt werden wir von Georges mit seinem Jeep, einem ausgewanderten Aargauer – hier in Costa Rica treffen wir viele ausgewanderte Schweizer und fast alle sind erstaunlicherweise Aargauer (D: ich kann gar nicht verstehen, wieso man aus dem schönsten Kanton der Schweiz auswandert…). Corsin vermutet, dass es an der Grünheit des Landes liegt – würde hier eine OL-Karte aufgenommen werden, wäre sie auch vorwiegend grün-schwarz…

Die Bikekartons können wir bei ihm für die drei Wochen „einstellen“, was heisst hinter seinem Haus an die Wand lehnen. Auf Frage ob diese beim Regen nicht nass werden, meint Georges: „Regen? Frühestens an Ostern wieder“ (aha, kennen wir doch von Uyuni her, da hiess es in zwei Monaten wieder und schon vier Tage danach war der Salzsee nicht mehr passierbar…D: und hat zur Folge, dass Corsin bei jedem Wassertropfen, der uns begegnet (was in REGENwäldern doch das eine oder andere Mal vorkommen kann, verkrampft fragt: „bist du sicher, dass es in Alajuela nicht regnet?“). Da Georges für die Nacht doch kein Zimmer hat, setzt er uns bei Margarita, einer Nachbarin, ab.

Wir sind etwas orientierungslos hier in Costa Rica – haben noch nicht recht rausgefunden, wo wir genau sind, wie das Land funktioniert und was eigentlich unsere Pläne sind und sind daher dankbar, dass uns Margarita und vor allem Tino aus Deutschland etwas unter ihre Fittiche nehmen. Tino überlässt uns seinen Reiseführer mit vielen Notizen und Erklärungen, da er übermorgen abreisen wird und begleitet uns in die Stadt San José wo er uns die wichtigsten Dinge zeigt. Dazu gehört auch die grösste Einkaufsmall von Costa Rica, eine wie in der Schweiz mit einem Unterschied: der Foodcourt umfasst mehr als 20 Fastfoodketten… ah ja, von wegen gesunde Ernährung: mañana…

Bei uns ist erst mal Einkaufen angesagt, da wir hier gewisse Kleidungsstücke benötigen, die wir nicht 3 1/2 Monate mitschleppen wollten: Daniela findet endlich einen Shop mit ihren Asics-Laufschuhen und wir kaufen gleich beide ein Paar für je 100 Dolla. (Information für unseren CFO, Peter Wehrli, der zu Hause eisern über unseren Finanzen wacht und den Zaster zur richtigen Zeit auf das richtige Konto schiebt: Erstens sind 100.- ein guter Preis für ein paar Laufschuhe und zweitens ist das immer eine gute Investition – Laufschuhe kann man immer brauchen und wir haben auch nicht mehr so viele. Also nicht nervös werden, wir gehen dann ja wieder arbeiten, wenn wir wieder zurück sind.). Corsin kauft sich ein paar Badehosen für 8 Dollar – so richtig coole, die aussehen wie die von den edlen Marken die absichtlich auf Billiglook gemacht sind – einfach authentischer. Im Laden daneben sehen wir ähnliche für den zehnfachen Preis, die aber nicht annähernd so authentisch billig aussehen… Der Rock für Daniela beschäftigt uns länger und wir klappern gefühlte hundert Geschäfte ab. Schlussendlich kauft sie ihn im Supermarkt um die Ecke, wo wir noch eine Cola posten. Das ist, wie wenn Du in Zürich einen halben Tag lang durch die Bahnhofstrasse tingelst und am Schluss in der Migros in der Schmiede Wiedikon zuschlägst… 

Die Busgesellschaft hat uns mitgeteilt, dass wir in der Nähe unserer Unterkunft bei der Puente Villa Bonita in den Bus nach Tamarindo zusteigen können. Wir lassen uns mit dem Taxi dort hinfahren und staunen nicht schlecht, als dieses uns quasi auf dem Pannenstreifen eines Autobahnzubringers unter eine Brücke rauslässt und wir dort mit anderen Leuten auf irgendeinen Bus warten – doch irgendwie hält der richtige. In Santa Cruz haben wir die Möglichkeit mit dem Bus nach Tamarindo und dann mit irgendeinem Boot über den Fluss zu unserem Hotel zu fahren oder mit einem der aufdringlichen Taxifahrer direkt zum Hotel in Playa Grande zu fahren. Er will 50 Dollar. Wir sind nicht die grossen Händeler, hier entgegnen wir aber empört, dass das gemäss Reiseführer (der allerdings schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat) viel zu viel sei und wir maximal 25 Dollar zahlen oder sonst den Bus nehmen. Schlussendlich einigen wir uns auf 35. Auf der 60 km langen Fahrt staunen WIR dann nicht schlecht, wie viel Taxi man hier für sein Geld erhält. DER TAXIFAHRER staunt nicht schlecht, wie lange man nach Playa Grande hat, dass unser Hotel so weit in der Pampa draussen steht und dass die Bodenschwellen so hoch sind, dass er mit dem Unterboden darauf hängen bleibt. Und unser HOTELBETREIBER staunt nicht schlecht, dass wir so günstig hierhin gekommen sind, wo doch sonst ein Taxi für die 10km ins nächste Dorf schon 20 Dollar kostet…

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