Dienstag, 6. März 2012

Pura vida!


C: Die nächsten drei Tage geht’s mit einer organisierten Tour in den Regenwald nach Tortuguero an der Karibikküste. Irgendwie haben wir uns Hochsaison anders vorgestellt als nur wir zwei mit der Familie Gerber aus Basel in einem zu einem Drittel gefüllten Minibus. Schon die Anreise ist eine Safari durch die exotische Tier- und Pflanzenwelt. Im Schmetterlingshaus machen wir mit der Linse Jagd auf die flinken Tierchen – tja, hier ist noch etwas Fotografiepraxis nötig, bis wir diese Tierchen in Kasten kriegen und wenn das geschafft ist, dann kann man sich dahinter machen, dies auch noch scharf hinzukriegen…

Wir sind ja aufgeklärte Leute und uns war immer schon klar, dass die Ananas nicht aus der Migros kommt –  und wir haben immer schon gewusst, dass diese aus einem fernen Land kommt. Aber dass diese nicht auf Bäumen, sondern am Boden in grossblättrigen Büschen wächst haben war neu und auch, dass „Del Monte“ und „Chiquita“ nicht nur Bananen „herstellt“, sondern auch ganze viele riesige Schiffscontainer, die nahe des Hafens an der Karibikküste einfach im Wald aufeinandergestapelt werden. Chiquita ist ein gutes Stichwort: wir besuchten auf der Fahrt auch eine Bananenplantage und staunten nicht schlecht, wie diese transportiert werden: Quer durch die Felder führen kleine Seilbahnen, an denen die Bananenbünde transportiert werden, angetrieben von einem Arbeiter, der diesen Zug zieht und bei leichtem Gefälle mit dem vordersten Bund mitfährt. Wir staunen auch, wie unser Reiseführer die Faultiere aus dem fahrenden Auto heraus erspäht. Merken dann aber, dass dies keine Kunst ist, denn in dem Tempo, in dem sich diese Viecher bewegen, brauchen sie geschätzte zwei Wochen bis sie auf einen anderen Baum geklettert sind und tatsächlich erfahren wir, dass sie bis zu 4 Monate auf dem gleichen Baum bleiben – mindestens bei diesen Tieren haben die Guides einen leichten Job….

Wir wechseln mit allem Gepäck auf ein kleines Motorboot, mit dem wir die letzten 2 Stunden Reise auf einem schmalen Fluss mitten durch den Urwald absolvieren. Der Driver gibt mal Vollgas und kurvt elegant durch den schmalen Kanal (ihr erinnert Euch – James Bond…), bremst aber an untiefen Stellen fast auf Null ab und schon bald geht’s nur noch im Schritttempo weiter, weil der Bach so seicht ist. Und schon nach wenigen hundert Meter kommt das Highlight: ein riesiges Krokodil liegt am Ufer, nur wenige Meter von unserem Boot entfernt. Von dem Momentan an sind die Kids der Gerbers eher zurückhaltend mit Hände ins Wasser halten.

Unsere Lodge liegt am grossen breiten Hauptkanal mitten im Urwald, ist nur auf dem Wasserweg erreichbar und besitzt einen wunderschönen exotischen Garten mit gedeckten Hängematten (genau, zum lesen und schlafen) von denen aus man all die Powerboats beobachten kann, die Touristen in den Nationalpark fahren…

Uns kommen die Schlieremer Chind in den Sinn mit der Kassette „Mier gönd in Zoo“, denn die Hauptaktivitäten sind die Bootstouren zur Tierbeobachtung, von denen jeweils eine morgens um 06:00 Uhr, eine Vor- und eine Nachmittags stattfindet. Die normale Aufenthaltsdauer in der Lodge beträgt 2 Nächte und weil die grosse Gruppe Franzosen an diesem Tag abreist, haben wir Zwei mal wieder eine Privatführung mit dem Guide und das mitten in der Hochsaison. 

Wir staunen immer wieder, wie unser Guide aus dem fahrenden Boot die Vögel auf den 40m hohen Bäumen sieht und bestimmen kann und wie er irgendwo im Unterlaub die zwei Augen eines Kaimans entdeckt. Wir fotografieren diesen beim Näherkommen und als wir 20cm davor sind merken wir, dass es sich bei unserem Fotosujet um einen grossen Ast handelt. Gerade als wir etwas sagen wollten, sehen wir die Augen 20cm weiter…

Einen Trick der Guides haben wir bald durchschaut: wenn irgendwo ein Touristenboot steht und alle in eine Richtung zeigen, dann lohnt es sich dorthin zu fahren, denn dort gibt es sicher was zu sehen. Auf diese Weise kamen wir auch in den Genuss, einem Fischotter aus zwei Meter Entfernung beim Verspeisen seines Frühstücks in Form einer Krabbe zuzuschauen – ja, ohne Gitter dazwischen, einfach so in der wilden Natur. Gut, zuerst wurde er durch unseren Motorenlärm fast verscheucht, was uns eine Salve böser Blicke von den Touristen auf dem anderen (Ruder-) Boot einbrachte, dann tuschierte unser Guide das andere Boot beim manövrieren, zweite Salve, doch am Schluss hatten alle freie Blicke an den Hinterköpfen der anderen vorbei. 

Als zum wiederholten Male ein kurzer aber heftiger Regenschauer über uns hinwegzieht, blinzeln wir nach oben und fragen uns, ob es wohl in Alejuela, wo unsere Velokartons ungeschützt im Garten stehen wirklich erst an Ostern wieder regnet, aber offensichtlich ist es in Costa Rica wirklich so, dass die einzelnen Landteile vollständig unterschiedliche Klima- und Wetterzonen aufweisen: es gibt Orte, wo es täglich regnet und Orte, wo es erst in mehreren Monaten wieder regnen wird.

Am dritten Tag geht es wieder mit dem Boot zurück, erneut vorbei am Krokodil und das Mietauto – ein weisser kleiner 4x4-Jeep, von uns „Eisberg“ getauft – wird uns zum Mittags-Restaurant gebracht, so dass wir direkt von dort an die Karibikküste fahren können. 



Die Distanzen in Costa Rica sind doch nicht so kurz, wie wir es uns vorgestellt haben und so fahren wir ein paar Stunden hörbuchlesend zwischen den Chiquita-Lastwagen nach Cahuita in die Suizo Loco Lodge, http://www.suizolocolodge.com (ein Geheimtipp! – man gönnt sich ja sonst nichts) zu Bernadette, einer ausgewanderten Schweizerin aus dem Jura (die aber lange in Schöftland gelebt hat, was bei Daniela natürlich heimatliche Gefühle auslöst). Beim Einchecken meint sie aber, sie hätte kein Zimmer auf unsere Namen reserviert – irgendwie ist unsere Bestätigung nicht bei ihr angekommen – es sei aber kein Problem, dann gäbe sie uns halt die Suite. Sie erwähnt auch, dass ihr Faxgerät irgendwie keine Faxe mehr empfange, was ich als studierter Ingenieur (ja irgendwo steckt das schon noch tief drin…) natürlich gleich als Herausforderung sehe und so kommt es, ich UND Daniela gleich zwei Stunden dran sind, bis wir einen störrischen Fax mit französicher Menueführung und einer englischen Bedienungsanleitung dazu gebracht hatten, die Faxe wieder auszuspuken.

Das eindrücklichste an Costa Rica ist für uns die riesige Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt und die Tatsache, dass man diese vom Liegestuhl am Hotelpool aus beobachten kann. Gut, wir haben hier wirklich viele Stunden am Pool verbracht, aber auch viele Tiere gesehen und beobachten können, hier mal eine Auswahl: Faultiere, Tucane, grüne Papageien, Brüllaffen, andere Affen, Leguane (einer davon ist Stammkunde und sonnt sich immer stundenlang neben unserem Liegestuhl – er ist auch in dem Moment gerade einen Meter neben meinem Liegestuhl), Hunde, Katzen, adlergrosse Vögel, die über uns kreisen, Kolibris, die auch mal ein Bad im Pool nehmen, Ameisen in denen sich Daniela bei den Kraftübungen auch einmal drin wälzt, jede Menge weitere Vögel, Kühe, Pferde, einen Waschbären. 

Einmal, als wir gemütlich am Pool sitzen, hören wir einen Hund bellen und irgendetwas vor uns durchhuschen und im Pool verschwinden. Zuerst denken wir, es sei irgendein Ast gewesen, und als das Ding nicht mehr auftaucht, denken wir, wir hätten uns vielleicht getäuscht. Bis dann der Gärtner auftaucht und den 1m-Leguan auf dem Poolgrund entdeckt und ihn mit dem Netz rauszieht.

Die Tiere sind vor allem am Morgen früh aktiv und so ist es in Costa Rica normal, dass man nicht vom Krähen eines Hahns sondern vom Brüllen von Brüllaffen geweckt wird. Auf unseren Joggingtouren ist der Strand vor uns jeweils in voller Bewegung: hunderte von Krebsen stürmen, wenn sie unsere Schritte spüren, über den Strand, verweilen vor ihrem gegrabenen Loch und verschwinden kurz bevor wir bei Ihnen sind. Einmal entdeckten wir zwei rund 2 Meter breite Pistenfahrzeugspuren, die sich vom Meer bis an den oberen Teil des Strandes zogen. Bei näherem Betrachten stellte sich diese als Spur einer Lederschildkröte heraus, welche bis 2 Meter lang und 700kg schwer werden kann und die wenige Stunden zuvor ihre Eier am Strand abgelegt hatte und wieder im Meer verschwunden war.

Und auch die Pflanzenwelt und was gewisse Hotels daraus machen: Neben dem Pool wachsen kleine Miniatur-Ananas und als beim Abendessen neben unserem Tisch eine pflaumengrosse Frucht auf den Boden fällt und ich die aufhebe und öffne, stelle ich fest, dass wir genau diese Frucht beim Frühstück auf dem Früchteteller hatten. Bernadette erklärt uns, dass sie vieles hier selber mache – auch den Räucherschinken räuchere sie selber.

Wir machen eine Wanderung durch den Cahuita Nationalpark – einem Mangrovenwald direkt an der Karibik-Küste. Schon nach wenigen hundert Metern hören wir die ersten Affen über uns rumklettern und entdecken in der Folge rund 20 Affen, die sich nur wenige Meter über unseren Köpfen durchs Blätterwerk hangeln. Man kann sich hier am Strand in den Sand legen und stundenlang den Affen zuschauen. 

Zudem wandern auch einige Waschbären am Strand entlang und scheinen keinen Respekt vor Touristen zu haben – im Gegenteil: ein französisches Paar verteidigt sein kleines Kinderzelt, in dem ihr Kleinkind spielt und auch gemütlich daliegende Touristen werden von den Tieren fast schon angegriffen – dies ist wohl die Folge davon, dass sie immer wieder gefüttert werden.

Eigentlich hätten wir noch eine Schnorcheltour machen wollen – auf Spanisch heisst das „hacer esnorcel“ – aber da das Meer in diesen Tagen zu aufgewühlt war, wurde uns davon abgeraten. Als Alternativprogramm besuchten wir eine Cacaoplantage, wo uns – wieder in einer Privatführung – gezeigt wurde wie Schokolade gemacht wird – ja wirklich, auch die kommt nicht nur aus der Migros. 

Wir machen einen Abstecher nach Puerto Viejo, einem typisch karibischen Hippie-Badeort wie er im Buch steht. Ohne Rastas fallen wir hier schon fast ein wenig ab, da helfen auch Corsin’s inzwischen schon fast wallende Haare nicht viel – schon gar nicht, wenn er in Betracht zieht, nach der Rückkehr die Spitzen schneiden zu lassen. Am Strand kann man im Surfcamp für 8 Dollar in der Hängematte direkt am Meer übernachten. Wir schauen uns an und sind uns einig: dazu wären wir zu alt, zu wenig „hippieg“ und wohl auch zu wenig bekifft. Aber genau solche Angebote zeigen, wie das Leben und auch der Tourismus hier ist: einfach, idyllisch und auf seine Art gemütlich und hier spürt man das, was mit dem liebsten geflügelten Wort der Ticos eigentlich gemeint ist: Pura vida!

1 Kommentar:

  1. He, Du/Ihr seht ja schon richtig entspannt aus!!! LG aus der Ferne. Tomi & Jeannette

    AntwortenLöschen