Montag, 2. Januar 2012

Al Sur

Management Summary: 42 Stunden Motorsport vom Feinsten, eine Vulkanbesteigung mit professioneller Schlittelpartie und Wanderungen rund um die Seenregion – Ferien vom Velo-Reisen.





D: San Pedro de Atacama ist ein touristischer Ort sondergleichen, der Flip Flop-Faktor ist hoch. Das kommt aber auch nicht von ungefähr, denn es lässt sich sehr gemütlich leben da. Frühstücken kann man draussen, am Nachmittag wird’s sommerlich warm, in den Nächten kühlt’s aber soweit ab, dass man gut schlafen kann. Wir merken deutlich, dass wir in einem anderen Land angekommen sind: die WC’s funktionieren einwandfrei (man kann sogar das Papier reinwerfen, was doch schwer auf eine Kanalisation hindeutet), die Lehmhäuser sind verputzt und fertig gebaut, es hat zahlreiche Restaurants mit diverser Menuauswahl und die Strassen sind eher dem Charme wegen staubig (ausserhalb des Ortes sind sie sogleich so schön asphaltiert, dass ein Inlinerherz höher schlägt).

Nach einer Nacht mit viel Schlaf fühlen wir uns wieder halbwegs menschlich und kramen mal den Reiseführer von Chile hervor. Wie weiter? Wir sind uns einig, dass wir ein bisschen „Ferien vom reisen“ machen und vor allem uns mal einige Tage vom Velosattel fernhalten wollen. In der Tur-Bus Agentur (das ist DIE Busgesellschaft in Chile) machen wir dann mal lange Gesichter: der nächste Bus mit freien Plätzen, der uns nach Santiago bringen würde, fährt in sechs Tagen, am 26. Dezember. Aha. Sooo lange hatten wir dann eigentlich doch nicht in San Pedro bleiben wollen. Also doch ein Mietauto? Die Strecke in den Süden scheint zwar schon lang, aber schliesslich waren wir auch schon im PW von der Schweiz nach Stockholm gebrettert. Ein kleiner Haken hatte die Sache noch: Mietautos gibt’s nämlich keine in San Pedro, sondern erst in Calama, das 100km entfernt ist. Und in Sachen Velomitnahme mit dem Bus ist das Planen etwas schwierig, da „der Chauffeur bei der Abfahrt entscheidet, ob die Velos mitgenommen werden können oder nicht“. Aha zum Zweiten. Aber auf 100km, bzw. 200km kommt’s dann auch nicht mehr an…Wir buchen also einen Bus nach Calama, dort ein Mietauto (leider hatte sich die Auswahl über Nacht drastisch verkleinert) und planen mit diesem dann nach San Pedro zurückzufahren, um das Gepäck zu holen (UBOL sind wir in den nächsten zwei Wochen mal wieder mehr im Herzen als in den Taten…). 

Da wir schon immer Verfechter der aktiven Erholung waren, hatten wir für den Nachmittag eine Tour ins Valle de Muerte und Valle de Luna gebucht. Wieder einmal ging’s mit Guide, Gruppe und Kleinbus los. Das Valle de Muerte (der Name komme von einer sprachlichen Verwechslung, eigentliche habe es Valle de Marte geheissen, da es  der Marslandschaft ähnlich sehe) wanderten wir über die Krete und einen rasanten Abstieg über eine riesige Sanddüne. 
Corsin war dann vor allem fasziniert von den Sandboardern und –skifahrer. Es juckte ihn geradezu in den Füssen . Das Valle de Luna (jaaa genau, das wäre dann die Mondlandschaft) beeindruckt dann mit den Formationen, die hauptsächlich aus Salz bestehen. 



Aber auch der Sonnenuntergang und die grösste Düne der Region genossen wir. 


Die aktive Erholung hatte sich ein bisschen als übermotiviert entpuppt, wir waren zombiemässig durch den Sand gestapft und waren nach dem Ausflug so richtig auf den Felgen. Unser zweiter Tag „danach“ gingen wir daher etwas ruhiger an: zunächst befreiten wir all unser Material so gut es ging vom Wüstenstaub, danach legten wir uns aber für einen Nachmittag auf den Liegestuhl am Pool. Schöööön. Immer wieder widmeten wir uns in San Pedro auch ausführlich der Nahrungsaufnahme, wobei uns nach wenigen Stunden wieder der Magen knurrte: wir waren richtig ausgehungert! 



C: Nach der Herumliegerei ging’s dann endlich wieder los mit Sport – Motorsport diesmal. Naja, den gewünschten Pick-Up mit 1.5m Bodenfreiheit habe ich nicht bekommen, aber der Corolla, den wir „Grisi“ nennen (nach unserem Rusty in den USA und dem Rougie in Canada) tat’s für seine Zwecke auch knapp. Und mit knapp meine ich milimeterknapp- unsere Bikes haben unter Verbiegen des Bidonhalters gerade so in den Durchlade-Kofferraum gepasst, neinein, das Verladen verlief ganz friedlich, wie immer… Mit 120 Sachen ging‘s über Land, vorbei an der grössten Kupfermiene der Welt („Besichtigung erst Morgen wieder möglich“), vorbei an vielen alten verlassenen Minenstädten (wir haben erst am Abend im Reiseführer gelesen, dass wir an der sehenswertesten vorbeigebrettert sind – kommt uns irgendwie bekannt vor von den USA: hat jemand Bodie gesehen, die Geisterstadt? Wir damals auch nicht…)

Antofagasta ist die Stadt der Einbahnstrassen: wir wussten schnell, in welches Hotel wir wollten, kamen aber erst nach rund 6km Umweg und mehreren Anläufen dort an. Immerhin lag das Einkaufszentrum in Spaziernähe und was für eines: Nach Peru, Bolivien und der Wüste sind wir definitiv überfordert von all dem Überfluss - Wallmart würde vor Neid erblassen. Wir tauchen ein ins Kurzvorweihnachteinkaufsgetümmel und kaufen alles ein, was wir dringend brauchen und auch noch etwas mehr („mer händ ja en Charre“). Alle 42 Kassen sind geöffnet und hinter jeder steht ein weiterer Angestellter, der die Einkäufe in Plastiksäcke verpackt – uns scheint es, als hätten sie den Jahresumsatz an Plastiksäcken noch nicht ganz erreicht und seien im Endspurt… Stadt in die Statt zu fahren um einem Restaurant einen Besuch abzustadten, kosten wir gleich in unserer Suite mit 2 Schlafzimmern, Salon und Meeresblick von den eingekauften Köstlichkeiten.

Weiter geht’s mit Motorsport – total tausende Kilometer im wahrsten Sinne des Wortes und in wenigen Tagen: 3432km, 46h sind‘s total. Wir vertreiben uns die Zeit mit Hörbücher von Ale hören (in deutscher Sprache), mit dem Einteilen der Tankstopps - denn in der Wüste gibt’s nicht soooo viele Tankstellen -und einem Lunchstopp an einem idyllischen Platz am Ufer des Atlantiks. Am Abend tauchen wir dann in La Serena in den Endspurt des Weihnachtsabendverkaufs ein – die ganze Stadt scheint auf den Beinen zu sein um die letzten Geschenke einzukaufen.

Immer weiter geht’s Richtung Süden. Spannend ist vor allem der Wechsel der Landschaft: von Wüstenlandschaft wie in der Sahara geht’s ins trockene Südspanien und auf einmal wird’s grün: die Weinbaugebiete von Italien werden abgelöst von Ackerbaulandschaft in Süddeutschland, Mitteldeutsche Nadelwälder bis wir dann in den schwedischen Seenregionen ankommen weiter im Süden soll es dann norwegische Fjorde und schwedische Fjälle geben.

D: Wir fahren mitten durch Santiago durch, lassen es aber links liegen. Die Autobahn war erstaunlicherweise praktisch leer: Ob’s wohl daran lag, dass wir in regelmässigen Abständen einen lauten Pipston vernahmen? War das das komische Kästchen oben an der Windschutzscheibe? Kommt da mal noch eine passende Rechnung? Die Zeitverschiebung in die Heimat haben wir seit Peru von sechs auf vier Stunden reduziert (dabei haben wir doch eigentlich die Breiten- und nicht die Längengrade gewechselt, aber vielleicht haben wir da was falsch verstanden?), trotzdem muten die „Weihnachtsanrufe“ an die Familie um vier Uhr nachmittags bei brütender Hitze etwas seltsam an. Mit der Landschaft hat auch das Klima gewechselt: unterdessen ist’s sommerlich warm (und viel weniger trocken als im Norden) und die Klimaanlage unseres Grisis läuft auf Hochtouren. Auch wenn wir gefühlt monateweit entfernt sind von Weihnachten, ist halt doch Heiligabend. Unser Reiseführer (Reise Know How) empfiehlt uns wärmstens das Hotel Casa Chueca in Talca: also steuern wir das an. Nach einer eher unfreiwilligen Besichtigungstour eines Einfamilienhäuschenquartiers finden wir das wunderschöne Anwesen des aus Oesterreich ausgewanderten Franz Schubert und dessen Familie (http://www.trekkingchile.com/casa-chueca/en/service/home.html). Wieder einmal sind wir im Paradies gelandet: das Gelände ist liebevoll angepflanzt und gepflegt, das Zimmer grosszügig und sogar eine „Gala“ liegt darin zum Lesen bereit, es hat einen Pool, Hängematten liegen bereit, und der Garten ist so gross, dass man sogar zwei Aussichtspunkte „erwandern“ kann. 

Das Weihnachtsessen können wir zusammen mit anderen Gästen auf der Terrasse geniessen, danach kommen wir sogar noch zu einer kleinen Feier: im Familienanschluss der Gastgeberfamilie singen wir in caluorscher Tradition Weihnachstlieder (international in Deutsch, Englisch und Spanisch – ohne „Ihr Kinderlein kommed“, das singt die Familie zu Hause für uns ;-)), wir trinken das traditionelle chilenische Weihnachtsgeschenk, das irgendwie an Bailey’s erinnert und schauen den Kindern zu, wie sie die Geschenke auspacken. Wir wissen nun auch, wie das Hotel in unseren Reiseführer gekommen ist: Matze, der Autor des Führers ist ein Freund der Familie und wir haben ihn an der Weihnachtsfeier kennen gelernt…

Ok, wir hatten es etwas unterschätzt, wie lange die Autofahrt in den Süden dauern würde (und wie langweilig und anstrengend Autofahren ist), aber am 25. Dezember erreichten wir dann doch unser nächstes Zwischenziel: Pucón. Auf Tipp von Franz hatten wir unsere Mittagspause an den chilenischen Rheinfall verlegt: trotz Weihnachtstag waren wir nicht die Einzigen dort. 

Pucón hat eine einmalige Lage: einerseits gibt es da den See mit einem Strand, der mit denjenigen am Mittelmeer mithalten kann, daneben aber auch dichte und riesige Wälder und als Krönung den Bilderbuchvulkan Villarica, der alles überthront. Einquartieren tun wir uns im La Tetera, ja, auch ein Tipp aus dem Reise Know How und sogar ebenfalls dem Franz und dessen Familie gehörend (und die wir gleich nach der Ankunft wieder antrafen). Wir fühlten uns dort sehr zu Hause, vielleicht weil es sich beim Haus um ein Holzchalet handelte? Das Städtchen ist ansonsten sehr auf Touristen ausgelegt und hat seltsamerweise einen amerikanischen Charakter. Nur die Hamburger und die Pommes können da leider nicht mithalten…

Am nächsten Tag machten wir uns sogleich auf die Jagd nach Karten aus der Region (da schlagen jeweils die OL-Gene durch), bei Hans Liechti, der seine bernische Herkunft nicht verleugnen kann, werden wir fündig. Die von ihm empfohlene Tagestour werden wir ja auch am Nachmittag schaffen?! Also machen wir uns auf den Weg in den „privaten Nationalpark“ (wer hat denn diese Kombination erfunden?) Cañi. Entgegen sämtlichen Gerüchten ist der Weg dorthin weder mit einem Jeep noch Bike befahrbar, so erwandern wir halt die rund 1000 Höhenmeter. Wir werden aber belohnt: der ehemalige Vulkankrater wartet mit herrlichen Lagunen und wunderschönen Bäumen auf. Daniela geniesst es sehr, mal wieder kräftig auszuschreiten, sie muss Corsin immer mal wieder ans PiP-Motto erinnern (nöd brüele – www.pip.ch ). Die Wanderung ist ein Geheimtipp, wir sehen praktisch keine anderen Leute, die Amerikaner, die wir auf dem Rückweg antreffen haben es nicht bis nach oben geschafft: an den Kühen bei der ersten Lagune sind sie nicht vorbeigekommen (das kommt halt davon, wenn man in Florida aufwächst ;-)…). Auf der Rückfahrt fällt uns auf, dass der Vulkan Villarico reingenommen worden war. Am nächsten Tag erfahren wir, dass dessen argentinischer Kollege Asche hustet und daher die Sicht erheblich eingeschränkt ist.  

C: Tags darauf machen wir uns auf, den Villarica zu besteigen – und dies weder under-equiped noch alleine: In der Agentur werden wir eingekleidet mit Bergschuhen, Skianzug, Eispickel, Steigeisen, Helm, Überzieh-Windeln (!?), Schlittelteller und Gasmaske (?!). 













Bei der Talstation des Skigebiets am Fusse des Vulkans geht’s zu wie im Winter: Busweise werden die Touris dorthin geshuttelt und bald schon sind wir im hinteren Teil der Einerreihe mit gezählten 240 Touristen und Guides unterwegs gen Gipfel. Der Sessellift, der die ersten 400 der 1400hm abkürzt, läuft wegen Wind nicht – Daniela ist froh (da war weder Caraventa noch Doppelmayr am Werk…), andere unserer Gruppe bewegt dies dazu erst am nächsten Tag aufzusteigen… 

Ab 1800m geht’s dann auf den Schnee und da wissen wir auch wozu wir den Eispickel, den wir zuerst belächelt haben, dabei haben – es ist schon eine richtige Hochtour und wir wundern uns, dass hier wirklich alles raufgeschleppt wird, was zwei Beine und Dollars hat. Unsere riesige Gruppe zieht sich langsam in die Länge und wird aufgeteilt und wir sind natürlich im Express-Zug mit dabei – die Meinige wieder mal die einzige Frau und natürlich wieder nur mit Franzosen („die Sieche sind eifach zäch“ meint die Meinige) Nach 5 Stunden und etlichen Überholmanövern stehen wir in den Top-30 auf dem Gipfel mit 361 Grad Panorama-Sicht auf ewigen Schnee, endlose Wälder, erkaltete Lavaströme und Seen mit sommerlichen Badestränden.

Krater mit Personen zum Vergleich
Das riesige, tiefe Kraterloch des aktiven Vulkans faucht und stinkt – die Lava ist zwar dieses Jahr nicht sichtbar, die Hitze und vor allem das stinkende giftige Gas spür- und stinkbar – dazu also die Gasmaske: für noch gasreichere Tage als heute.













Der Abstieg ist dann das eigentliche Highlight und wirklich originell: wir steigen alle in die mitgetragene hochprofessionelle Schlittelteller-Schlittelausrüstung – jede Agentur hat ihre einheitliche Uniform und nun ist auch klar, wozu die ominöse Windelhose dient: als Abriebschutz des geschundenen Hinterteils.


In der Falllinie geht es in teilweise tiefen Schlittelbahnen den Vulkanrücken hinunter. Der Eispickel ist nach dem genau instruierten EPBG (Eispickelbremsgriff) zu halten und der Guide sagt einem ganz genau, wann man den Schlittelteller benutzen darf und wann man auf dem Hosenboden zu rutschen hätte. Corsin als alter Schlittelteller-Hase (Palmares: Diverse Snowraids Engadin, Piz Nair, Diavolezza, Titlis, Schilthorn, Fuorcla Surlej, Chäserugg und Holdern in Unterwasser etc.) kann es natürlich nicht lassen schon nach wenigen Metern den Teller heimlich wieder unterzuschieben und es richtig krachen zu lassen…

Zum Abschluss gibt’s noch ein Bier (oder eben ne Cola) auf der Sonnenterrasse der Agentur und erst im Hotel merken wir, wie knülle wir eigentlich sind und machen uns gleich auf zu unserer neuen Entdeckung: die Calle Fresia, die Fressstrasse in Puco.

Nach diesem Abenteuer ist wieder mal ein Ruhetag angesagt, mal wieder einer mit Ruhe und so: Wäsche waschen, bloggen und eine Spanisch-Lektion (ja wir sind immer noch dran…) und am Nachmittag dann das Highlight: Wir mieten zum ersten Mal in unserem Leben einen Liegestuhl mit zugehörigem Sonnenschirm und flätzen uns bei knapp 30 Grad an den schwarzen Strand mit Sicht auf die Vulkane und verbringen den Nachmittag mit Lesen und Faulenzen. Daran könnte man sich gewöhnen – solange es jeweils nicht länger als ein Tag ist. Und Corsin zieht mal wieder einen Sonnenbrand rein - tja, der Bauch und die Füsse jenseits der Velofahrerrändli sind halt doch noch etwas empfindlicher…

Und was folgt auf einen Ruhetag? Klar, eine Kampfwanderung. Diesmal in den Nationalpark Huerquehue (den Namen gibt’s nur geschrieben, wir glauben nicht, dass das jemand aussprechen kann) den wir mit unserem Onroader über holprige Kiesstrassen erreichen. Wir erwandern die 5 schwedisch anmutenden Seen mit den riesigen Bäumen und treffen unterwegs vor allem deutschsprachige Wanderer: einen Schweizer Velofahrer (erkennbar an der Ortliebtasche auf dem Rücken) der mal von Alaska nach Feuerland gefahren ist und nun nochmals hierher zurückgekehrt ist, weil er damals eingeschneit wurde und die Gegend nicht richtig gesehen hatte. Plötzlich kommt uns eine Stimme bekannt vor – wir treffen den Deutschen, den Laura und Will vor knapp 2 Monaten im 5000km entfernten Cusco an unser gemeinsames Abendessen mitgebracht haben – die Reisewelt ist schon klein…

D: Am nächsten Tag hiess es Abschied nehmen von Pucón. Als Ziel hatten wir Puerto Varas ins Auge gefasst, von wo aus es dann wieder mit dem Radl weitergehen soll. Nach ausführlichem Studium der Karte hatte Corsin ein Route jenseits der Autobahn ausgetüftelt – schliesslich soll der Vorteil der 120 PS (oder so…) ausgenützt werden und wir noch ein bisschen was von der Gegend sehen (die Grenze nach Argentinien durften wir mit dem Mietwagen leider nicht überqueren). Nachdem wir rund eine Stunde auf einer Schotterstrasse durchgeschüttelt worden waren und keine 30km in die gewünschte Richtung zurückgelegt hatten, wechselten wir dann doch auf die Panamericana, die uns geteert, vierspurig und schnell nach Puerto Varas brachte (ok, nicht ganz gratis. Als Tipp für Moro: wenn’s mit der Parkuhr nicht klappen sollte, wäre eine Péage auch ganz einträglich…). Wir quartierten uns im Casa Azul ein, wobei auch klar ist, woher der Name kommt.

Beim Znacht erfahren wir vom Kellner die traurige Nachricht, dass im Nationalpark Torres del Paine Feuer ausgebrochen ist. (Siehe letzter Eintrag). Beim Dessert im Café liest Corsin in der Zeitung, dass für den Silvesterabend alle Hotels und Restaurants in Puerte Varas ausgebucht seien, worauf wir den Reise Know How befragen, welches Restaurant er uns empfiehlt. Glücklicherweise finden wir noch ein Plätzli (Silvestermenue vom Benzinkocher hätte uns nicht so „gluschtet“) mit CHF 80 pro Person zwar für uns auf der eher edleren Seite, aber es ist ja nur einmal im Jahr Silvester. Zudem haben wir das erste Mal eine Anzahlung für ein Nachtessen machen müssen…

Der bewölkte Himmel am nächsten Morgen (wir sind diesbezüglich unterdessen etwas verwöhnt) liess uns das Programm umstellen: heute Museumbesuch und morgen Wanderung. Zudem stellte sich heraus, dass Corsin eine harte Nacht hinter sich hatte: hochgerechnet auf den ganzen Körper hat er 120 (in Zahlen: hundertzwanzig) Mückenstiche eingefangen (Rechenbasis: linkes Bein, 30 Stiche). Nicht „verputzen“ kann er zudem, dass die Viecher Daniela verschonen. Dafür muss sie nun klönen und kratzen und kratzen und klönen ertragen (zum Glück hat’s in der perfekten Apotheke (vielen Dank, Nadja!) auch ein Fenipic plus). Die Sightseeing-Tour führte uns nach „Erdbeerhausen“ bzw. Frutillar. Dort hat’s ein Museum der deutschen Einwanderer, die zwischen 1850 und 1900 in die Gegend zogen und diese erst urbar machten (http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Minderheit_in_Chile). Die Thematik ist spannend, das Museum sehr hübsch (ein kleiner „Ballenberg“) und der Schokoladekuchen im Café nebenan auch nicht zu verachten.

Lunch und den weiteren Nachmittag verbrachten wir am Strand, wobei wir das erste Mal in Kontakt mit den „Riesenbremsen“ kamen. Corsin zog schon wieder ein Sonnenbrändchen ein, diesmal ein Missverständnis zwischen ihm und Daniela in Bezug auf den Zuständigkeitsbereich beim Eincrémen.











Nachdem unser 2011 vier Stunden länger als üblich gedauert hatte, rutschten auch wir gut ins neue Jahr über. Schiefgehen sollte in diesem eigentlich nix, haben wir doch sämtliche chilenischen Traditionen gefrönt: Linsen und 12 Traubenbeeren essen und eine Ähre eines Korns in der Hand haben. Im Silverstermenue war zudem eine ganze Flasche Champagner inbegriffen (neben diversem anderen Alkohol, daher also der hohe Preis!), sodass wir auch anstossen konnten (und die nächsten zwei Risottos damit verfeinern…).

Den ersten Januar starteten wir mit einem Hamburger: die Frühstückslady des Casa Azul war am Morgen wohl noch daran, die Partynacht zu verarbeiten und der geschäftstüchtige Kellner des Restaurants, in dem wir schliesslich landeten, lockte uns mit der Antwort auf die Frage nach Frühstück: ja, kein Problem wir haben Café und Sandwiches (oder ist ein Hamburger etwas anderes?). Unser erster Wanderversuch bei den Wasserfällen des Río Petrohué wurde schon im Keim erstickt: schon als wir auf den Parkplatz fuhren, fuchtelten die anderen Besucher verdächtig mit Kleidern oder Ästen um sich. Mit dem Aussteigen wurde uns sofort klar warum: es hatte Tausende von den „Riesenbremsen“, die sich auf alles stürzten, das sich bewegte. Selbst das Fötelen wurde zur Herausforderung: Daniela schwenkte ihr Käppi über sich und Corsin, während dieser rasch knipste.

Den nächsten Wanderversuch machten wir bei der Skistation am „Bilderbuchvulkan“ Osorno. Die Strasse schlängelt sich (geteert!) durch den dichten Wald den Bergrücken hoch bis über die Baumgrenze. Die Baumgrenze war glücklicherweise auch die Bremsengrenze, sodass wir uns oben aus dem Auto wagen und sogar ein paar Schritte gehen konnten. Die Aussicht war grandios – sowohl auf die Wälder, Seen und Vulkane als auch auf die Gletscher des Osornos. Insgesamt war der Tag aber eher von Motor- als von anderem Sport geprägt – diesen genossen wir dafür später noch ausgiebig, da alle Bewohner der Region den freien Tag am See verbrachten und dementsprechend die Uferstrasse am Abend verstopft war.

Nach den "Ferien vom Reisen" geht’s nun wieder weiter mit "Reisen statt Ferien" wie es ein berühmtes Reisebüro so schön ausdrückt. Wir sind langsam etwas zappelig freuen uns sehr auf das nächste Abenteuer auf dem Velo: die Carretera Austral…


Tankwart der Woche: 

Auf unserer Fahrt nach Süden steht doch ab und an ein Tankstopp an. Die chilenischen Tankstellen sind noch alle bedient und man tankt nicht selber und jedes Mal werden wir gefragt, ob die Scheibe geputzt werden soll. Nachdem wir immer verneint haben, weil man ja schon noch raus sieht, finden wir eines Tages „warum nicht?“ und lassen die Scheibe putzen. Corsin steht neben dem Wagen und schaut dem Tankwart zu als auf einmal ein heftiges Plätschern zu hören ist – als er sich umdreht, sieht er wie der Tank am Überlaufen ist und wie das Benzin dem Wagen nach auf den Boden plätschert. Der Griff lässt sich aber nicht lösen und das Plätschern geht weiter bis der Tankjunge um den Wagen herumgespurtet ist und den Griff nach mehreren Versuchen lösen kann.

Den etwas ratlosen Blick haben wir schon mal in Peru gesehen, als wir die Flasche für den Benzin-Kocher auffüllen lassen wollten und der Tankfrau das gleiche Missgeschick passiert ist, nur mit dem Unterschied, dass sie sich gleich noch selber mit Benzin geduscht hatte.

Unser Tankwart meint, wir sollen das Auto von Hand etwas vorschieben, damit er den Boden mit Sand aufwischen könne – das Auto darf ich dann selber reinigen…

Wir werden auch jetzt noch jedes Mal gefragt, ob die Scheibe gereinigt werden soll, wir verneinen nun aber immer dankend – nicht weil wir durch die dicke Staubschicht noch super raussehen würden, sondern mehr damit sich der Tankwart auf sein Hauptgeschäft konzentrieren kann… Auch sonst ist Grisi unterdessen mit einer Staubschicht bedeckt, sodass ein Passant sogar mit ihm Mitleid hatte...

1 Kommentar:

  1. Liebe Daniela,lieber Corsin,so, die strengen Ferien-, Feiertags, Skiferien- und WEF-Zeiten sind vorbei … und da werde mich ich auch endlich wieder mal auf Eurem Blog über Eure Abenteuer updaten können! Nur eine kurze Frage vorweg: Wir haben in Armentarola nach Eurer Buchung gefragt, Ihr seid dort aber unbekannt ... Geht Ihr ende März also nicht in die Dolomiten Skifahren, oder habt Ihr unter anderem Namen gebucht? Ich freu mich, darauf, Euren Blog anzuschauen - a presto, cari saluti, Rémy

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